[Interventionsfähigkeiten – ein vernachlässigtes Forschungsfeld in der medizinischen Ausbildung und darüber hinaus]
Constanze Richters 1Ralf Schmidmaier 2
Vitaliy Popov 3,4
Johann Schredelseker 1,5
Frank Fischer 6
Martin R. Fischer 1
1 LMU München, LMU Klinikum, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
2 LMU München, LMU Klinikum, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, München, Deutschland
3 University of Michigan Medical School, Department of Learning Health Sciences, Ann Arbor, Michigan, USA
4 University of Michigan, School of Information, Ann Arbor, Michigan, USA
5 LMU München, Medizinische Fakultät, Walther Straub Institut für Pharmazie und Toxikologie, München, Deutschland
6 LMU München, Department Psychologie, München, Deutschland
Zusammenfassung
Interventionelles Denken als kritischer Bestandteil der klinischen Entscheidungsfindung wurde in der medizinischen Ausbildung im Vergleich zur diagnostischen Entscheidungsfindung bisher zu wenig untersucht. Dies spiegelt sich in einem mangelnden Verständnis der kognitiven Prozesse und einem Forschungsdefizit zur Förderung der Interventionsfähigkeiten zukünftiger Ärztinnen und Ärzte wider. In diesem Kommentar stellen wir ein Konzept des interventionellen Denkens vor, das vier Phasen umfasst: Generierung, Auswahl, Implementierung und Evaluation von Interventionen. Das Konzept betont kognitive Prozesse wie die Entwicklung von Interventionen auf der Grundlage der Symptome und Diagnosen eines Patienten: Auswahl von Interventionen durch Vergleichen, Priorisieren und Bewerten von Interventionen hinsichtlich Machbarkeit, Effektivität und kontextspezifischen Bedürfnissen sowie die Vorhersage von Gesundheitsergebnissen innerhalb sogenannter „Entwicklungskorridore“, um Behandlungen entsprechend anzupassen. Neben diesen kognitiven Prozessen erfordern Interventionen auch kollaborative Aktivitäten wie den Informationsaustausch und die Verteilung von Rollen innerhalb des Betreuungsteams oder die gemeinsame Ausführung von Interventionsmaßnahmen. Zukünftige Forschung sollte das vorgeschlagene Konzept validieren, den Einfluss des interventionellen Denkens auf klinische Ergebnisse untersuchen und effektive Trainingsmethoden (z.B. Simulationen und KI-Techniken) identifizieren. Zudem ist es von Interesse, die Übertragbarkeit und Generalisierbarkeit des Modells auf andere Bereiche innerhalb und außerhalb der Gesundheitsbildung zu erforschen.
Schlüsselwörter
interventionelles Denken, kognitive Interventionsprozesse, klinische Entscheidungsfindung, Gesundheitsbildung
Einführung
Ein grundlegender Aspekt der ärztlichen klinischen Praxis ist die Fähigkeit, Informationen über Patientinnen und Patienten zu sammeln und zu integrieren, um so die Unsicherheit hinsichtlich der Ätiologie von Symptomen und der ihnen zugrundeliegenden Erkrankungen zu verringern – ein Prozess, der als diagnostisches Denken über diagnostische Entscheidungsfindung bekannt ist. Sobald eine ausreichende diagnostische Sicherheit erreicht ist, verwenden Klinikerinnen und Kliniker die gesammelten Informationen als Grundlage, um Entscheidungen über die Notwendigkeit und Wirksamkeit potenzieller Interventionen zu treffen, z. B. Entscheidungen über die Verschreibung von Medikamenten oder über chirurgische Eingriffe, was als interventionelles Denken oder diagnostische Entscheidungsfindung bezeichnet werden kann. Diagnostisches Denken kann zusammen mit dem interventionellen Denken unter dem Begriff des klinischen Denkens zusammengefasst werden. Seit einigen Jahrzehnten wird das diagnostische Denken intensiv erforscht [17], [24] und hat kürzlich auch außerhalb der medizinischen Ausbildung zunehmend Aufmerksamkeit erhalten [15]. Die Forschung hat sich weiterentwickelt, was zu einem fundierten Verständnis darüber geführt hat, wie Klinikerinnen und Kliniker akkurate Diagnosen stellen [27]. Im Gegensatz dazu ist die vorhandene Literatur zum interventionellen Denken bislang eher begrenzt. Der bisherigen Forschung mangelt es an einer kumulativen und iterativen Entwicklung [10], was zu einem fragmentierten Verständnis der kognitiven Prozesse führt, die beim interventionellen Denken beteiligt sind [8]. Dies ist problematisch, da schädliche Interventionen direkte Auswirkungen auf das Leben der Patientinnen und Patienten haben [23].
Ein Grund für die derzeitigen Limitationen in der Forschung zum interventionellen Denken liegt auch im primären Fokus der medizinischen Grundausbildung auf diagnostischem Denken [22]. Dies liegt auch darin begründet, dass die Mehrheit der vermeidbaren Schäden in klinischen Einrichtungen weltweit auf diagnostische Fehler zurückzuführen ist [18]. Unser begrenztes Verständnis des interventionellen Denkens verschärft das Problem weiter, da es die Behandlungsergebnisse von Patientinnen und Patienten auch dann beeinträchtigen kann, wenn die Diagnosen korrekt gestellt worden sind. Ein Beispiel sind tödliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen – eine direkte Folge der Behandlung von Patientinnen und Patienten und ein weltweit in der klinischen Praxis unterschätztes Problem [23]. Um solche Interventionsfehler zu vermeiden, haben eine Reihe von medizinischen Fachgesellschaften eine Vielzahl ausgefeilter konsensbasierter Leitlinien entwickelt, die Empfehlungen sowohl zur Diagnostik als auch zur Intervention enthalten (z. B. [2]). Darüber hinaus sind Sicherheitskontrollen ein integraler Bestandteil der klinischen Praxis, einschließlich klinischer Entscheidungsunterstützungssysteme [25] und Medikationssicherheitsüberprüfungen (z. B. [6]). Solche klinischen Richtlinien und Hilfsmittel allein sind aber nicht ausreichend: Ein umfassenderes Verständnis der Entwicklung der vielfältigen und komplexen Fähigkeiten, die beim interventionellen Denken eine Rolle spielen, sind erforderlich, um deren Vermittlung verbessern zu können.
Seit über einem Jahrzehnt setzen sich Lehrende aus Pharmakologie und Pharmazie für eine stärkere Integration interventionellen Denkens hinsichtlich der Verschreibung von Medikamenten ein. Eine solche Integration würde ein interdisziplinäres Verständnis des Interventionsprozesses erleichtern und den Erwerb der damit zusammenhängenden Fähigkeiten fördern [22]. Jedoch fehlt übergreifendes Training im interventionellen Denken im Medizinstudium bis heute. Stattdessen ist der Erwerb von Interventionsfähigkeiten derzeit stark auf die postgraduale Facharztausbildung bezogen, wobei er in den medizinischen Weiterbildungsfächern (z. B. Innere Medizin und Dermatologie) sehr unterschiedlich integriert ist.
Die Prozesse und Aktivitäten, die beim interventionellen Denken beteiligt sind, können sich stark von denen unterscheiden, die mit der Diagnosestellung verbunden sind. Daher sind unterschiedliche Vermittlungs- und Überprüfungsmethoden erforderlich [7]. Neben kognitiven Fähigkeiten umfasst interventionelles Denken auch interdisziplinäre und interprofessionelle Fähigkeiten, da Interventionen bei der Erbringung klinischer Leistungen häufig ein hohes Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit (z. B. Radiologie und Innere Medizin) und interprofessioneller Teamarbeit (z. B. Physiotherapie, Ergotherapie oder Pharmazie) erfordern [13].
Im vorliegenden Kommentar schlagen wir eine Konzeptualisierung von Interventionsfähigkeiten vor, die auf bestehender Forschung aufbaut und beinhaltet, welche kognitiven Aktivitäten beim Intervenieren beteiligt sein könnten. Dieser konzeptionelle Rahmen dient als Grundlage für die weitere Erforschung und Entwicklung dieser wichtigen Fähigkeiten in der medizinischen Aus- und Weiterbildung und potenziell auch in anderen Bereichen, um die berufliche Praxis zu verbessern und letztlich die Qualität der Behandlungsergebnisse für Patientinnen und Patienten oder andere Zielgruppen zu erhöhen.
Aktueller Forschungsstand zum interventionellen Denken
Im Zusammenhang mit der Lösung komplexer Probleme wird der Begriff des Diagnostizierens verwendet, um den Prozess der Identifizierung des Problems und seiner zugrunde liegenden Ursachen zu beschreiben [1]. Der Begriff des Intervenierens wird verwendet, um den Vorgang der Lösung und Verbesserung des identifizierten Problems zu beschreiben. Einerseits dienen Diagnosen als Entscheidungsgrundlage für Interventionen [15]. Andererseits dienen Interventionsentscheidungen dazu, (vorläufige) Diagnosen zu bestätigen oder zu verwerfen, beispielsweise wenn die Reaktion einer Patientin oder eines Patienten auf eine Intervention neue Erkenntnisse in Bezug auf eine bestimmte Verdachtsdiagnose liefert [8]. Die zyklische Natur von Diagnose und Intervention zeigt sich besonders deutlich in Notfällen oder Situationen mit hoher Dringlichkeit, in denen eine schnelle und genaue Beurteilung und Behandlung erforderlich sind. In solchen Fällen ist oft ein iterativer Zyklus von Anpassung der Diagnose und Intervention notwendig (z. B. [19]). Die bisherige Forschung zu interventionellem Denken stammt hauptsächlich aus der Medizin bzw. dem Gesundheitswesen. In diesen Studien werden neben dem Begriff des interventionellen Denkens verschiedene weitere Begriffe verwendet, darunter „therapeutisches Denken“, „Management-bezogenes Denken“ und „Entscheidungsfindung bei Behandlungen“ [10], [20], [28]. Diese Begriffe sind im Wesentlichen gleichbedeutend mit dem Konzept des interventionellen Denkens. Wir verwenden den Begriff „interventionelles Denken“ in unserer Konzeptualisierung mit dem Ziel, seine Anwendung auch über das Gesundheitswesen hinaus auf andere Bereiche ausdehnen zu können.
Vor drei Jahrzehnten entwickelte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein normatives Modell für interventionelles Denken, das sechs Schritte im Prozess der Arzneimittelverabreichung beschreibt. Diese Schritte basieren auf den Prinzipien des „rationalen Verschreibens“ [9]. Die Entwicklung dieses Handbuchs war ein früher Versuch, interventionelles Denken im Medizinstudium zu etablieren. Die sechs Schritte lauten wie folgt:
- Definieren Sie das Problem der Patientin bzw. des Patienten,
- spezifizieren Sie das therapeutische Ziel,
- wählen Sie Ihre Behandlung aus und überprüfen Sie ihre Eignung,
- beginnen Sie mit der Behandlung,
- kommunizieren Sie Informationen, Anweisungen und Warnungen und
- überwachen Sie die Behandlung und entscheiden Sie, ob sie fortgesetzt oder abgebrochen werden soll.
Dieses Modell beschränkt sich jedoch auf Arzneimittelverschreibungen als Intervention und bietet keine umfassende Beschreibung der zugrundeliegenden Denkprozesse. Nachfolgende Forschung aus der klinischen Pharmakologie [22] verknüpfte das Modell der Medikamentenverschreibung mit Theorien aus der kognitiven Psychologie und der therapeutischen Argumentation – wobei der Schwerpunkt weiterhin auf der medikamentösen Therapie lag. Ein kürzlich durchgeführtes Scoping Review bestehender empirischer Forschung identifizierte Denkprozesse wie das Analysieren, daraus Synthesen ableiten und Bewerten als grundlegend für das interventionelle Denken in verschiedenen Gesundheitsbereichen [10]. In konzeptionellen Artikeln aus dem Bereich des klinischen Denkens werden die Aushandlung eines Aktionsplans und das fortlaufende Überwachen und Anpassen dieses Plans als weitere Komponenten des interventionellen Denkens identifiziert, die verschiedene kognitive Prozesse beinhalten [7]. Zu diesen kognitiven Prozessen gehören Aktivitäten wie das Vergleichen, Priorisieren und Auswählen aus einer Reihe von möglichen (vertretbaren) Behandlungsmaßnahmen [8]. Darüber hinaus haben Parsons et al. [20] das Konzept der Managementskripts entwickelt, um die Organisation von Interventionsoptionen und -entscheidungen zu beschreiben und zu erklären. Managementskripts sind mentale Schemata, die Klinikerinnen und Klinikern bei der Entscheidungsfindung helfen, indem sie strukturiertes, vorab zusammengestelltes, konzeptionelles Wissen zur Bewältigung von Gesundheitsproblemen bereitstellen. Sie können mithilfe von Vorlagen vermittelt werden, die potenzielle Maßnahmen skizzieren, was das Lehren und Lernen von interventionellem Denken erleichtert. Im Laufe der Zeit werden solche mentalen Schemata durch Studium und Erfahrung erworben und in fall- oder problembezogenen Kontexten aktiviert oder abgerufen. Aufgrund der komplexen Natur von Interventionen in der Praxis müssen Klinikerinnen und Kliniker ihre Managementskripts fortlaufend anpassen, um ihre Patientinnen und Patienten erfolgreich zu behandeln, wobei individuelle und kontextbezogene Faktoren wie die Präferenzen, Überzeugungen, Erwartungen und der persönliche Hintergrund der Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden müssen. Mit zunehmender Expertise sind Klinikerinnen und Kliniker dann immer besser in der Lage, ihre Managementskripts für spezifische Probleme an die besonderen Umstände einer Situation anzupassen.
Basierend auf einer Synthese dieser theoretischen Überlegungen und empirischen Erkenntnisse beschreibt der folgende Abschnitt den Interventionsprozess und die damit verbundenen Aktivitäten. Zunächst wird eine Definition gegeben, gefolgt von einer Konzeptualisierung, die eine detaillierte Erklärung der Komponenten des interventionellen Denkens und der damit verbundenen kognitiven Aktivitäten umfasst. Die Konzeptualisierung beinhaltet eine Reihe umfassender, potenziell generalisierbarer Interventionsaktivitäten, die nicht nur für das interventionelle Denken im Hinblick auf den Einsatz von Medikamenten verwendet werden kann, sondern auch für eine Vielzahl anderer Interventionen.
Vorschlag einer Konzeptualisierung von Argumentationsfähigkeiten bei Interventionen
Auf der Grundlage bisheriger Literatur zum klinischen Denken definieren wir interventionelles Denken als den systematischen Prozess des Generierens, Auswählens, Implementierens und fortlaufenden Evaluierens von Maßnahmen, die darauf abzielen, Zustände oder Prozesse für Patientinnen und Patienten positiv zu verändern. Dieser Prozess kann sowohl individuelle als auch kollaborative Bemühungen umfassen, wobei argumentative Kommunikation über die Eignung und Wirksamkeit der ausgewählten Interventionen (z. B. das Vorlegen von Beweisen, das Abwägen von Alternativen und das Erreichen eines Konsenses) im Vordergrund steht. Interventionsmaßnahmen können sowohl verdeckte als auch sichtbare Handlungen umfassen, bei denen Klinikerinnen und Kliniker sich an kognitiven und kollaborativen Aktivitäten (d. h. interdisziplinären oder interprofessionellen) beteiligen [26]. Da die Anwendung von Fachwissen (z. B. klinischem Wissen) in diagnostischen Aktivitäten ein entscheidender Faktor für die Entwicklung diagnostischer Fähigkeiten ist [15], gehen wir davon aus, dass die Anwendung von Wissen aus distinkten Bereichen in Interventionsaktivitäten auch ein entscheidender Faktor für die Entwicklung von Interventionsfähigkeiten ist. Interventionsfähigkeiten beziehen sich daher auf die Fähigkeit von Klinikerinnen und Klinikern, Probleme anzugehen, indem sie verschiedene Wissensarten, einschließlich Fachwissen (d. h. konzeptuelles und strategisches Wissen), Wissen über die Folgen von Interventionen und interprofessionelles Wissen, gemäß professioneller Standards in Interventionsaktivitäten anwenden. In der Medizin bezieht sich Fachwissen auf biomedizinisches und klinisches Wissen. Die Anwendung dieses Wissens umfasst die Berücksichtigung der individuellen Merkmale der Patientin oder des Patienten, das Tolerieren von Unsicherheit und Mehrdeutigkeit, Komplexität, das Überwachen der Behandlungsergebnisse und das Erkennen von Abweichungen von den therapeutischen Zielen sowie das Berücksichtigen kontextueller Einschränkungen [7]. Im Folgenden beschreiben wir den Interventionsprozess und die damit verbundenen Aktivitäten (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) ausführlicher:
Abbildung 1: Arbeitsmodell zur Konzeptualisierung des interventionellen Denkens im Kontext des diagnostischen Denkens
Generieren von Interventionsoptionen umfasst die Entwicklung einer Reihe von Lösungen oder Strategien, die als vernünftig und angemessen erachtet werden, um ein bestimmtes Problem anzugehen oder ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Diese Aktivität erfordert zunächst eine Definition des Problems der Patientin oder des Patienten sowie die Festlegung des Interventionsziels [9]. Die genauen Ursachen des Problems können dabei in unterschiedlichem Maße bekannt sein (d. h. die Spezifität der Problembeschreibung oder die Genauigkeit einer Diagnose). Zum Beispiel wäre eine geeignete Behandlung für einen Patienten mit einer HIV-Infektion als vorliegender spezifischer Diagnose eine antiretrovirale Therapie, eine Kombination von Medikamenten, die die HIV-Replikation unterdrücken. In der Praxis liegt jedoch zum Zeitpunkt der Erstbehandlung nicht immer eine spezifische Diagnose vor. Ein Patient kann beispielsweise mit akuter Atemnot vorstellig werden, die durch eine Reihe von Erkrankungen verursacht werden kann (z. B. Asthma bronchiale, Myokardinfarkt oder eine Lungenembolie). Für die Erstbehandlung ist eine spezifische Diagnose nicht immer möglich und zwingend erforderlich [7]. Sofortige Maßnahmen müssen ergriffen werden, um den Zustand des Patientenn zu stabilisieren, einschließlich z.B. der Verabreichung von Sauerstoff, der Überwachung der Vitalfunktionen, der Anwendung einer Antikoagulationstherapie und der Bereitstellung unterstützender Pflege. Diese Maßnahmen sind von entscheidender Bedeutung, um eine akute Verschlechterung des Zustands des Patienten zu verhindern, während diagnostische Tests durchgeführt werden, um das zugrundeliegende spezifische Problem zu ermitteln. Die Berücksichtigung verschiedener möglicher Ursachen und geeigneter Interventionsoptionen gewährleistet einen umfassenden Ansatz bei der Diagnose und Behandlung der Patientin bzw. des Patienten.
Auswählen von Interventionen umfasst das Vergleichen, Priorisieren und Bewerten von Interventionen auf der Grundlage der am besten geeigneten, vernünftigen und gerechtfertigten Strategien hinsichtlich Durchführbarkeit, Wirksamkeit und Angemessenheit im spezifischen Kontext, Dringlichkeit, Komplexität und den individuellen Bedürfnissen der Patientin bzw. des Patienten [7], [20]. Zum Beispiel vergleichen Ärztinnen und Ärzte in Tumorboards die potenziellen Vor- und Nachteile von Chemotherapie, Strahlentherapie und Operation und bewerten diese im Hinblick auf ihre Wirksamkeit beim Schrumpfen von Tumoren, der Symptombehandlung und der Verbesserung von Überlebenschancen im individuellen Falle (Vergleichen). Onkologinnen und Onkologen ordnen diese verschiedenen Interventionen auch nach Kriterien wie Dringlichkeit oder Wirksamkeit, z. B. indem sie die Kontrolle von Krebssymptomen über die eigentliche Behandlung des Krebses stellen (Priorisierung). Bei der Auswahl geeigneter Behandlungen berücksichtigen Klinikerinnen und Kliniker zudem, wie gut die Behandlung den individuellen Bedürfnissen und Präferenzen der Patientin bzw. des Patienten entspricht, einschließlich Faktoren wie Nebenwirkungen der Behandlung, allgemeiner Gesundheitszustand der Patientin bzw. des Patienten (Threshold to Treat; [21]), Genesungszeit und langfristigen Ergebnissen (Evaluierung). Das Auswählen von Interventionen umfasst also nicht nur die Auswahl einer Standardbehandlung für ein bestimmtes Problem, sondern auch die Eignung dieser Standardbehandlung für die individuelle Patientin bzw. den individuellen Patienten [9]. Bei einem Patienten, bei dem beispielsweise Bluthochdruck diagnostiziert wurde, ist die erste Behandlungsoption in der Regel die Gabe eines ACE-Hemmers wie Lisinopril. Wenn dieser Patient jedoch in der Anamnese ein Angioödem aufweist, ist diese Erststrategie kontraindiziert. Anstelle von Lisinopril kann dann z.B. Amlodipin, ein Calziumantagonist, verschrieben werden, um das Risiko eines Angioödems zu verringern. Das Ergebnis dieses Auswahlprozesses kann eine sequenzielle Anwendung von Interventionen oder eine Kombination mehrerer Interventionen zur gleichen Zeit sein, wenn die Patientin bzw. der Patient Gesundheitsprobleme aufweist, die auf mehr als eine Ursache zurückzuführen sind. Letzteres wird auch als Doppeldiagnose bezeichnet [16], wenn eine komplexe Erkrankung einen integrierten Behandlungsansatz erfordert, der sowohl eine primäre Erkrankung als auch eine Komorbidität gleichzeitig behandelt. Dies könnte beispielsweise eine Patientin mit einer schweren Depression und Alkoholabhängigkeit sein oder ein Patient mit HIV-Infektion, der eine Lungenentzündung mit Pneumocystis jirovecii (PCP) als opportunistische Infektion entwickelt. Die gleichzeitige Behandlung beider Erkrankungen (z. B. psychische Gesundheit und Substanzstörungen) ist unerlässlich, da sich die Erkrankungen gegenseitig verstärken können.
Die Implementierung von Interventionen umfasst
- die Planung und
- die Durchführung von Interventionen.
Bei der Planung von Interventionen legen Klinikerinnen und Kliniker die Ziele und Regeln fest, die zur Überwachung und Anpassung der Intervention während ihrer Durchführung verwendet werden. Darüber hinaus umfasst der Planungsprozess auch das Sequenzieren von Interventionen basierend auf deren (miteinander verbundener) Wirksamkeit. Ein Medikament wie Capecitabin kann beispielsweise die Wirksamkeit einer Strahlentherapie erhöhen; eine Chemotherapie kann priorisiert werden, um zunächst die Tumorgröße zu reduzieren, gefolgt von einer Operation zur Entfernung des verbleibenden Tumorgewebes. Die genannten Regeln sowie die vorher ausgewählten und sequenzierten Interventionen werden in einem Implementierungsplan festgehalten, der einen transparenten Informationsaustausch mit der Patientin bzw. dem Patienten, der Familie und allen an der Intervention beteiligten Leistungserbringern über die Zeit gewährleistet [9]. Der Implementierungsplan umfasst einen Überwachungs- und Anpassungsplan [7]. Zu den Bestandteilen des Überwachungsplans gehören unter anderem das Festlegen des Interventionsziels, das Spezifizieren von Überwachungsparametern (z. B. klinische Symptome), das Festlegen der Überwachungsfrequenz (z. B. wöchentlich oder monatlich) und das Festlegen von Schwellenwerten für Anpassungen (z. B. Verschlechterung oder Verbesserung der Symptome der Patientin bzw. des Patienten). Der Anpassungsplan enthält spezifische Entscheidungskriterien und Optionen für Anpassungen basierend auf diesen Entscheidungskriterien. Dazu können Änderungen der Medikation, Wechsel zu einem anderen Medikament, Anpassungen der Verabreichungsfrequenz oder das Hinzufügen zusätzlicher Therapien gehören. Wenn der Blutdruck einer Patientin trotz täglicher Einnahme von 10 mg Lisinopril beispielsweise zu hoch bleibt, könnte der Anpassungsplan eine Erhöhung der Dosierung auf 20 mg täglich vorsehen. Die kognitiven Prozesse, die die Spezifizierung und die Entwicklung des Interventionsplans ermöglichen, bezeichnen wir als „Vorhersage von Entwicklungskorridoren“. Der Begriff „Entwicklungskorridor“ beschreibt den typischen Bereich der Variation im Gesundheitszustand einer Patientin bzw. eines Patienten, der durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden kann, darunter soziale, individuelle, genetische und interventionale Faktoren. Dieser Bereich umfasst potenzielle Veränderungen, wenn Interventionen wirksam sind. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass der Zustand einer Patientin bzw. eines Patienten von diesen festgelegten Grenzen abweicht. Daher berücksichtigen Vorhersagen für Entwicklungskorridore Ergebnisse sowohl innerhalb als auch außerhalb dieses Bereichs. Darüber hinaus tragen die Vorhersagen im Implementierungsplan zu einer transparenten Abgrenzung von Verantwortlichkeiten bei und erleichtern die Übertragung dieser Verantwortlichkeiten auf die Patientin bzw. den Patienten oder Dritte wie andere Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte oder Familienmitglieder. Nach unserem Kenntnisstand ist der kognitive Prozess der Vorhersage interventionsbasierter Entwicklungskorridore weitgehend unerforscht. Daher fehlt es bisher an Wissen über optimale Lehr- und Unterstützungsstrategien für solche Vorhersageprozesse.
Nach der Planungsphase werden die Interventionen durchgeführt. Während der Interventionsplan in erster Linie ein (kollaborativer) kognitiver Prozess ist, umfasst die Durchführung des Plans praktische Aspekte wie Organisation, manuelle Fähigkeiten und Kommunikation. Ein Beispiel hierfür ist die Durchführung einer Operation, bei der Chirurginnen bzw. Chirurgen und Anästhesistinnen bzw. Anästhesisten die Teamaktionen weiterer medizinischer Fachkräfte sowie Geräte koordinieren (z. B. Zuweisung von Rollen und Aufgaben), die Operation unter Einsatz chirurgischer und anästhesiologischer Fähigkeiten durchführen (z. B. Einleitung und Überwachung der Anästhesie, Inzision und Drainage eines Abszesses, Wundnaht) und effektiv mit den Teammitgliedern kommunizieren (z. B. unter Verwendung von Techniken wie der sogenannten „closed-loop communication“).
Die Evaluierung von Interventionen bezieht sich auf die Bewertung der Intervention durch Klinikerinnen und Klinkern hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei der Lösung des spezifischen Problems oder beim Erreichen des zuvor festgelegten Ziels. Die Evaluierung ist eng mit der Überwachung verbunden. Diese Prozesse können zu zwei Hauptergebnissen führen: keine Anpassung oder eine Anpassung. Wenn die behandelnde Ärztin bzw. der Arzt empfehlen, die aktuelle Intervention auf Grundlage ihrer Überwachung nicht anzupassen, könnten sie zum Beispiel festgestellt haben, dass die aktuelle Behandlung mit den Vorhersagen der Entwicklungskorridore übereinstimmt. Alternativ können sie, insbesondere bei der abschließenden Evaluierung einer Intervention, zum Schluss kommen, dass die Erkrankung ihrer Patientin bzw. ihres Patienten effektiv geheilt wurde (z. B. wenn eine bakterielle Lungenentzündung erfolgreich mit einem Antibiotikum behandelt wurde). Wenn sich die Behandlungsverantwortlichen dafür entscheiden, die aktuelle Intervention anzupassen, könnten sie feststellen, dass die Implementierung verfeinert werden muss. Dies kann eine Anpassung der Intervention selbst (z. B. die Änderung der Abfolge verschiedener Behandlungen oder die Anpassung der Medikamentendosis) oder eine Optimierung der Durchführung der Intervention (z. B. bessere Kommunikation oder Verbesserung der Kontextfaktoren) beinhalten. Darüber hinaus könnten sich die Behandlungsverantwortlichen dafür entscheiden, neue Interventionsoptionen zu generieren oder auszuwählen, um bestehende Interventionen zu ergänzen oder zu ersetzen. Beispielsweise könnten Antidepressiva zu einer bestehenden Verhaltenstherapie hinzugefügt werden, um eine Patientin mit mittelschwerer Depression zu behandeln, oder ein Antibiotikum könnte durch ein anderes ersetzt werden, weil es bei der Behandlung eines Patienten mit PCP nicht wirksam ist. Schließlich können die Klinikerinnen und Kliniker wieder zurück zum Diagnoseprozess gehen (z. B. Entscheidung für weitere Tests basierend auf dem Threshold to Test; [21]. Der Diagnoseprozess wird dann solange fortgesetzt, bis eine ausreichende Sicherheit für weitere Interventionsentscheidungen erreicht wurde.
Lernen zu intervenieren: Identifizierung von Bedingungen für eine effektive Förderung von Interventionsfähigkeiten
Im Hinblick auf unsere vorgeschlagene Konzeptualisierung von interventionellem Denken schlagen wir einige konkrete Forschungsfragen für zukünftige Untersuchungen vor. Zunächst muss die Konzeptualisierung des interventionellen Denkens validiert werden. Zukünftige Forschung würde stark von Studien profitieren, die verschiedene Aspekte der Validität überprüfen. Daher schlagen wir Validierungsstudien wie Beobachtungs- oder Interviewstudien vor, die die in diesem Artikel vorgestellte vorläufige Konzeptualisierung auf verschiedene Weise testen und weiterentwickeln. Im Hinblick auf die Konstruktvalidität könnten folgende Fragen untersucht werden:
- Inwieweit werden die in der Konzeptualisierung dargelegten Interventionsaktivitäten von Klinikerinnen und Klinikern tatsächlich genutzt?
- Auf welche Weise folgen erfahrene vs. weniger erfahrene Klinikerinnen und Kliniker der vorgeschlagenen Abfolge von Aktivitäten linear, oder engagieren sich in einem eher nichtlinearen, dynamischen Prozess des interventionellen Denkens? Wir vermuten, dass erfahrene Klinikerinnen und Kliniker zwar möglicherweise nicht bewusst einer linearen Abfolge folgen, ihre kognitiven Prozesse jedoch wahrscheinlich dennoch alle vorgeschlagenen Aktivitäten umfassen, wenn auch auf fluide und vernetzte Weise.
- Bezieht sich interventionelles Denken auf eine einzelne Fähigkeit (d. h. alle Subdimensionen sind korreliert) oder auf eine Reihe von Fähigkeiten (d. h. verschiedene Subfähigkeiten erklären die Varianz unabhängig)? Wir vermuten, dass Interventionsfähigkeiten eher auf eine Reihe von Fähigkeiten als auf eine einzelne Fähigkeit verweisen.
In Bezug auf die prädiktive und inhaltliche Validität könnten folgende Fragen untersucht werden:
- Inwieweit korreliert professionelles Wissen (d. h. konzeptuelles und strategisches Wissen) mit erfolgreichem Engagement in Interventionsaktivitäten und dem Erfolg von Interventionen?
- Inwieweit kann das Engagement in einzelnen Interventionsaktivitäten oder in mehreren Interventionsaktivitäten genutzt werden, um den Erfolg von Interventionen (d. h. die Verbesserung des Gesundheitszustands der Patientin bzw. des Patienten) vorherzusagen?
Im Hinblick auf kollaboratives Intervenieren sollte folgende Frage untersucht werden: Inwieweit können soziale Fähigkeiten und Kenntnisse der Kollaborationspartner als Faktoren identifiziert werden, die zu einem erfolgreichen Engagement bei interdisziplinären oder interprofessionellen Interventionsaktivitäten beitragen?
Nachdem das Verständnis von interventionellem Denken als Konstrukt vertieft wurde, könnte die Forschung sich auf die Identifikation von Bedingungen für ein effektiveres Training von Interventionsfähigkeiten konzentrieren. Ein vielversprechender pädagogischer Ansatz ist das simulationsbasierte Lernen, das sich als effektiv für die Entwicklung komplexer Fähigkeiten wie (kollaborativer) Diagnosefähigkeiten in der Medizin und darüber hinaus erwiesen hat [5]. Die Wirksamkeit von Simulationen für das Lernen kann durch die Integration zusätzlicher instruktionaler Unterstützungsmaßnahmen, wie Reflexionsprompts, externer Kollaborationsskripts oder Fallbeispiele gesteigert werden [5]. In der Bildungsforschung wurde kürzlich das Konzept des repräsentationalen Scaffoldings eingeführt [11], das sich auf Merkmale bezieht, die eng mit den Anforderungen der beruflichen Praxis verknüpft sind. Diese Merkmale umfassen die Informationskomplexität (d. h. die Menge und den Grad der Vernetzung von Informationen und die Sichtbarkeit von Hinweisen), die situative Dynamik (d. h. Veränderungen in der Praxissituation im Laufe der Zeit) und die Handlungsfähigkeit/Verantwortung (d. h. die Anforderungen an die Fähigkeit von Fachkräften, flexibel und angemessen zu handeln). Die Wirksamkeit der systematischen Anpassung dieser Merkmale als Unterstützungsmaßnahmen beim Erwerb von Interventionsfähigkeiten wurde jedoch bisher nicht empirisch untersucht. Im Folgenden schlagen wir daher eine Reihe von Forschungsfragen vor, die beantwortet werden müssen, um unser Verständnis dafür zu vertiefen, wie Interventionsfähigkeiten in der medizinischen Aus- und Weiterbildung und darüber hinaus gefördert werden können.
- Inwieweit können die für das diagnostische Denken entwickelten Lehrkonzepte auf das Lehren des interventionelles Denken angewendet werden? Wo liegen die Unterschiede?
- Inwieweit können Interventionsfähigkeiten durch simulationsbasiertes Training (z. B. simulierte Patientinnen- bzw. Patientenfälle) verbessert werden?
- Ist es möglich, Interventionsfähigkeiten mit denselben Simulationen zu fördern, die für die Förderung des diagnostischen Denkens verwendet werden?
- Inwieweit müssen Simulationen in Bezug auf Komplexität, Dynamik und Handlungsfähigkeit/Verantwortung vereinfacht werden, um das Erlernen von Interventionsfähigkeiten zu erleichtern?
- Wie können problembasiertes und forschendes Lernen durch direkte Instruktion ergänzt werden, um Interventionsfähigkeiten effektiv zu fördern?
- Wie können digitale Lernumgebungen genutzt werden, um Interventionsfähigkeiten zu fördern, und auf welche Weise kann KI zur Personalisierung der Lernumgebungen sinnvoll eingesetzt werden?
- Welchen Einfluss hat der Transfer von Interventionsfähigkeiten aus Bildungskontexten in die klinische Praxis auf die Rate diagnostischer Fehler und damit verbundene Outcomes von Patientinnen und Patienten, insbesondere im Kontext von Hochrisikokrankheiten (z. B. Schlaganfall, Sepsis, Pneumonie, Lungenkrebs)?
Abschließend bleibt, wie eingangs dieser Kommentierung bereits angeschnitten, die offene Frage, inwieweit Interventionsfähigkeiten domänenspezifisch sind oder ob solche Fähigkeiten im Hinblick auf Problemlöse- und Entscheidungsprozesse über ähnliche Domänen in der Medizin und der Gesundheitsbildung hinweg generalisierbar sind. Darüber hinaus würde Grundlagenforschung zum Lernen von Interventionsfähigkeiten stark von Studien profitieren, die die Generalisierbarkeit dieser Erkenntnisse auch auf Kontexte außerhalb der medizinischen und gesundheitsbezogenen Bildung untersuchen. Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Bereichen, darunter Bildung, Psychologie und Medizin, haben in jüngster Zeit die Notwendigkeit einer disziplinübergreifenden Forschung zum Lehren und Lernen hervorgehoben, um die komplexen Bildungsfragen des 21. Jahrhunderts anzugehen [14]. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Lehrerbildung interessant, da Diagnose- und Interventionsprozesse auch in der beruflichen Praxis von Lehrkräften eine wichtige Rolle spielen. Eine grundlegende Aufgabe von Lehrkräften besteht darin, den aktuellen Lernstand der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers in Bezug auf verschiedene Faktoren zu beurteilen, wie z. B. kognitive Fehlvorstellungen oder, allgemeiner ausgedrückt, Wissenslücken, fehlende Fähigkeiten oder Motivationsprobleme. Lehrkräfte bemühen sich dann, das Lernen der Schülerinnen und Schüler auf Grundlage ihrer ermittelten Bedürfnisse bestmöglich zu unterstützen. Frühere Untersuchungen haben die Ähnlichkeiten zwischen Medizin- und Lehrerbildung untersucht und Parallelen und Unterschiede in Bereichen wie dem Fachwissen [12] und diagnostischen Aktivitäten (z. B. [3]) aufgezeigt. Eine interdisziplinäre Forschungsperspektive auf Interventionsfähigkeiten durch die Zusammenarbeit zwischen Bildungsforscherinnen und Bildungsforschern aus der Psychologie und anderen Fachgebieten hat das Potenzial, das aus dem Medizin- und Gesundheitskontext erworbene Wissen zu nutzen, um allgemeines Wissen zu Interventionsfähigkeiten zu generieren.
Die in diesem Kommentar vorgestellte Konzeptualisierung des interventionellen Denkens kann als Grundlage für ein besseres Verständnis dieser Fähigkeiten dienen, die für die berufliche Praxis im Gesundheitswesen und darüber hinaus von entscheidender Bedeutung sind.
ORCIDs der Autor*innen
- Constanze Richters: [0000-0003-1593-3543]
- Ralf Schmidmaier: [0000-0003-3541-3588]
- Vitaliy Popov: [0000-0003-2348-5285]
- Johann Schredelseker: [0000-0002-6657-0466]
- Frank Fischer: [0000-0003-0253-659X]
- Martin R. Fischer: [0000-0002-5299-5025]
Interessenkonflikt
Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.
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