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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

2366-5017_N


Dies ist die deutsche Version des Artikels. Die englische Version finden Sie hier.
Leitartikel
Leitartikel

[Fachärztliche Aus-/Weiterbildung im Wandel: Ein sehr langer Weg]

Eva K. Hennel 1
Folkert Fehr 2
Marjo Wijnen-Meijer 3
 Sigrid Harendza 4

1 Schweizerisches Institut für ärztliche Weiter und Fortbildung SIWF, Bern, Schweiz
2 Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin, Lehrpraxis der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sinsheim an der Elsenz, Deutschland
3 Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Institut für Didaktik und Lehrforschung in der Medizin, Dresden, Deutschland
4 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Hamburg, Deutschland




Leitartikel

Dieses Themenheft beschäftigt sich mit der postgraduierten Phase des Lernens auf dem Weg zur fachärztlichen Reife, welche in der Schweiz und Deutschland als „Weiterbildung“ und in Österreich als „Ausbildung“ bezeichnet wird. Es zeigt Beispiele auf, wie gute Weiterbildung gelingen kann und wo noch Hürden in der Umsetzung liegen. Eine qualitative Studie der European Junior Doctors aus dem Jahr 2023 zeigte, dass viele Ärzt*innen in Weiterbildung, unabhängig vom Land ihrer Berufstätigkeit, enttäuscht und unzufrieden mit ihrer Arbeit sind [1]. Dies wird gemäß der Studie durch drei Faktoren beeinflusst: die Arbeitsumgebung, die Qualität der Weiterbildung und das Gleichgewicht von Berufs- und Privatleben. Diese Faktoren sind miteinander verzahnt. Als medizinisch Lehrende tragen wir Verantwortung für die Qualität der Weiterbildung und können maßgeblich dazu beitragen, die Gesamtsituation zu verbessern.

Bereits im Positionspapier „Die Zukunft der ärztlichen Weiterbildung in Deutschland“ des GMA-Ausschusses Weiterbildung aus dem Jahr 2013 [2] wurde auf die fehlende Evidenz in der didaktischen Umsetzung der Weiterbildung hingewiesen. Es wurde herausgearbeitet, dass Daten zur Kompetenzdefinition, zum Curriculum, zur Implementierung und zur Qualitätssicherung fehlten. Das letzte Themenheft „Weiterbildung“ des GMS JME erschien 2017. In diesem wurde vor allem der Wandel hin zu einer kompetenzbasierten Weiterbildung thematisiert und es wurden die internationalen Erfahrungen dazu vorgestellt. Seitdem hat sich die kompetenzbasierte Weiterbildung verbreitet, und es zeigen sich die ersten Erfolge, aber auch Stolpersteine aus dem deutschsprachigen Raum. Dieses Themenheft hat das Ziel, Beiträge zu innovativen Konzepten, Theorien, Lehrformaten oder Programmen der Aus-/Weiterbildung besonders aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammenzutragen, um Lösungen für Weiterbildungsformate aufzuzeigen. Unsere Autor*innen beleuchten neueste Entwicklungen und Herausforderungen. Die meisten Studien oder Projekte sind vor dem Hintergrund der aktuellen ärztlichen Weiterbildung in Deutschland oder der Schweiz entstanden.

Die Autor*innen bringen unterschiedliche Erfahrungen und Fachgebiete in Forschungsberichten und Projektberichten in dieses Themenheft ein. Diese Vielfalt bereichert die Diskussion und eröffnet neue Horizonte. Die Weiterbildung zu reformieren beinhaltet nicht nur didaktische sondern auch strukturelle und politische Aspekte. Betrachtet werden die sozialgesetzliche Förderung, die Gestaltungsmöglichkeiten, die die Weiterbildungsordnung bietet und Aspekte der konkreten Curriculumsentwicklung. Hierbei wird auch die kompetenzbasierte medizinische Bildung (CBME) inklusive der Nutzung Anvertraubarer Professioneller Aktivitäten in mehreren Arbeiten thematisiert. Mehrere Artikel befassen sich mit der Situation der Weiterzubildenden, beispielsweise mit der ärztlichen Gesundheit, der Nutzung von Feedback und der Wahl des Weiterbildungszieles. Konkrete Beispiele für Kurse und Lehrmethoden finden sich in den verschiedenen Projektberichten. Außerdem werden weiterhin ungeklärte Aspekte des guten Prüfens thematisiert und die besondere Perspektive der Allgemeinmedizin betrachtet.

Mit diesem Themenheft möchten wir die Diskussion um die aktuellen Herausforderungen der ärztlichen Aus-/Weiterbildung erneut anstoßen und Anregungen für die Entwicklung von neuen Strategien im deutschsprachigen Raum geben. Wir deuten es als positives Zeichen, dass sich an vielen Weiterbildungsstätten neue Lehrformate etablieren, welche evidenzbasiert die Qualität der Weiterbildung fördern und uns auch bei der Frage des guten Prüfens weiterbringen können. Zudem scheinen Erkenntnisse der Medizindidaktik auch Eingang in die politische Diskussion zu finden. Wir ermutigen unsere Leser*innen, eigene Gedanken zu den Weiterbildungsthemen beizutragen. Diskussionen und Kommentare sind sehr willkommen. Einige der in diesem Heft präsentierten Themen wurden bereits im Ausschuss Weiterbildung oder in unserer monatlichen Webinarreihe „45 Minuten für die Weiterbildung“ diskutiert [https://gesellschaft-medizinische-ausbildung.org/ausschuesse/weiterbildung/id-45-minuten-fuer-die-weiterbildung.html]. Wir planen, diese öffentliche Diskussion fortzusetzen und weiterhin Gäste einzuladen, die verschiedene Sichtweisen beitragen, wie die der Weiterbildenden aus Klinik und Praxis, der Landesärztekammern, der Bundesärztekammer und der internationalen Gremien. Wir laden vor allem Weiterzubildende ein, ihre wichtige Perspektive einzubringen.

Die in diesem Themenheft vorliegenden Beiträge bieten die Basis für eine facettenreiche Auseinandersetzung mit dem relevanten Thema der fachärztlichen Weiterbildung. Wir hoffen, dass Sie inspiriert werden und neue Erkenntnisse gewinnen und wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.

ORCIDs der Autor*innen

Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

[1] European Junior Doctors Association (EJD). From Tradition to Transition. Navigating Through the Healthcare Workforce Crisis - Junior Doctors' Experiences and Proposals for the Future. Brussels: European Junior Doctors Association (EJD); 2023. Zugänglich unter/available from: https://www.juniordoctors.eu/tradition-transition-navigating-through-healthcare-workforce-crisis
[2] David DM, Euteneier A, Fischer MR, Hahn EG, Johannink J, Kulike K, Lauch R, Lindhorst E, Noll-Hussong M, Pinilla S, Weih M, Wennekes V. The future of graduate medical education in Germany - position paper of the Committee on Graduate Medical Education of the Society for Medical Education (GMA). GMS Z Med Ausbild. 2013;30(2):Doc26. DOI: 10.3205/zma000869